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Wir – David Beck,  Paul (der Vorsitzende der Französischen Jungen Piraten),  Susanne (welche die schönen Fotos macht) und ich – treffen uns relativ exakt um 10:55 Uhr vor dem Nürnberger Rathaus.  Eigentlich wollten wir die Petition zu viert einreichen, aber Patrick Linnert kann kurzfristig nicht teilnehmen weil der Server brennt.

Zum Termin um 11.00 Uhr vor dem Rathaus haben wir ca. 80 Einladungen an die Presse rausgeschickt. Leider sehr kurzfristig, wegen der knappen Kapazitäten. Es kommt bedauerlicher Weise kein Vertreter der Presse, auch wenn ich überzeugt bin, dass doch das eine oder andere Medium das Thema aufgreifen müsste. Egal, denn jetzt suchen wir die offizielle Abgabestelle für die Petition. Zuerst landen wir beim Touristencounter der Stadt – die sind am nächsten vom Hauptmarkt aus gesehen. Die Damen sind sehr freundlich, wissen aber nicht exakt wo denn der Briefkasten des Stadtrats ist – exakt hingegen wissen die Damen wo die zentrale Poststelle ist, die unser nächstes Ziel darstellt. Ein bekennender Clubfan sitzt an der Pforte und fragt an welchen Stadtrat das nun soll. Ähhhmmmm – nun an alle, aber wir haben nur vier Kopien dabei ;) Ich beginne mich an mein kommunales Grundwissen und die Sache mit dem Stadtrat als Institution und Stadtrat als Person zu erinnern. Upsi und jetzt fällt der Groschen – weil die Post an den Stadtrat (als Institution) nimmt als Sprachrohr und Vertreter der Oberbürgermeister in Nürnberg entgegen. Das meint auch der Clubberer und verweist und auf Zimmer 18, wo die Assistenz unseres Oberbürgermeister Dr. Maly sitzt. Das Zimmer kenne ich aber es liegt am anderen Ende des Rathauses und dieses ist aus mittelalterlichen Gründen sehr groß. Wir nutzen den Spaziergang durch die noch ferienbedingt leeren Flure zur historischen Führung für unseren französischen Gast und gelangen 15 Minuten später bei Zimmer 18 an. Dort sind wir prinzipiell richtig, aber nicht ganz, weil den Posteingang macht Zimmer 14. Ein glücklicher Umstand macht es möglich von Zimmer 18 zu Zimmer 14 zu gelangen ohne den Flur wieder betreten zu müssen, den 14-18 ist die Gesamträumlichkeit vom Chef. Eine freundliche Dame erklärt unsere Reise für beendet. Wir sind am Ziel! Einfach so können wir das Schriftstück auf den Schreibtisch legen und es ist angekommen! Für ein internes Foto um die Übergabe zu dokumentieren bittet die Dame allerdings Ihren Kollegen das zu übernehmen. Dieser willigt ein, auch nachdem er weiß, dass es um einen Cannabis Sozial Club geht – wir schütteln uns die Hände in die Kamera schauend und den Brief übergebend und es ist vollbracht. Eine Antwort wird uns versprochen, das ist natürlich klar – die Frage welche können uns natürlich die Mitarbeiter nicht beantworten. Wir verlassen Zimmer 14 und ich sehe im Blickwinkel wie die Post geöffnet wird und die Arbeit beginnt die Petition allen 70 Stadträten und dem Oberbürgermeister weiterzuleiten. Einige werden garantiert sehr überrascht sein. Sicher bin ich, dass wir mit diesem einen Schriftstück einen interessanten Prozess in Nürnberg eingeleitet haben. Danke an den DHV für die gute Aktionsidee und die Koordination der Bemühungen.

kurzer Nachtrag: schon hat die erste große Nürnberger Zeitung einen echt guten Bericht veröffentlicht – müsste hoffentlich morgen zu lesen sein in der Printausgabe.
Hier schon mal der Link zur Onlineversion: http://www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/piraten-fordern-cannabis-club-in-nurnberg-1.3122926

und hier die Petition:

Petition nach Artikel 56 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern

Sehr geehrte Damen und Herrn,

wir möchten Ihnen als unseren gewählten Volksvertretern folgende Petition unterbreiten:

„Die Stadt Nürnberg möge gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Modellversuch zur Abgabe von Cannabis zur medizinischen Nutzung und als Genussmittel konzipieren und eine entsprechende Ausnahmegenehmigung hierfür nach §3 (2) BtMG beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragen.

Als konkretes Modell schlagen wir einen Cannabis Social Club (CSC) vor. Dieser soll an einem gesicherten Ort nach folgenden Regeln betrieben werden:

Mitglied werden kann jeder Einwohner ab 18 Jahren.
Anbau, Ernte und Weiterverarbeitung des Cannabis erfolgt durch die Mitglieder.
Die Abgabe des Cannabis erfolgt ausschließlich an Mitglieder gegen einen Unkostenbeitrag.
Jedes Mitglied erhält höchstens ein Gramm pro Tag.
Mitgliedern ist der Besitz von bis zu 6 Gramm außerhalb der Räumlichkeiten des CSC gestattet.
Ein Handel mit Cannabis oder eine Abgabe an Dritte, insbesondere Minderjährige, bleibt illegal und führt zum Ausschluss.
Für Menschen, die Cannabis auf ärztliche Empfehlung konsumieren, können die Regeln bedarfsgerecht modifiziert werden.

Die Gemeinde sorgt für einen ordnungsgemäßen Betrieb, kontrolliert die Sicherheit, Qualität, den Wirkstoffgehalt und Verbleib des Cannabis. Zudem sorgt die Gemeinde für bedarfsgerechte Präventions-, Informations-, Hilfs- und Schadensminderungsangebote, u.a. durch die Förderung von Konsumformen ohne Verbrennung wie Vaporizer.

Das Modell ist so zu konzipieren, dass Menschen durch ihre Beteiligung keine Nachteile, insbesondere kein Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung, entstehen.

Das Projekt könnte wissenschaftlich begleitet werden.

Als Alternative zum CSC-Modell wäre auch ein Anbau und Abgabe durch die Gemeinde selbst oder über Apotheken denkbar.

mit freundlichen Grüßen,
Emanuel Kotzian, Patrick Linnert, David Beck

 

Begründung:

Cannabis birgt für die Konsumierenden sowie für die Gesellschaft Risiken. Die Gesellschaft wird indirekt durch den Schwarzmarkt, der von Mafia und Hells Angels dominiert wird bedroht sowie durch die Kosten für die Strafverfolgung belastet. Neben den gesundheitlichen Risiken des Konsums ist die Strafverfolgung für Konsumierende die schlimmste Nebenwirkung.

Zweck und Ziel des geltenden Betäubungsmittelgesetzes ist (laut Regierungsvorlage des Betäubungsmittelgesetzes 1981, BTDrucks. 8/3551, S. 23 f.) der Schutz der menschlichen Gesundheit sowie eine Regelung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln, um deren Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen und den Missbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit zu verhindern.

Das Modell des Cannabis Social Clubs liegt im öffentlichen Interesse und verfolgt Zweck und Ziel des BtMG, weil es im Vergleich zum bereits existierenden Schwarzmarkt für Cannabis folgende Vorteile bietet:

Das Cannabis kann auf Qualität und THC-Gehalt geprüft werden und ist frei von gesundheitsgefährdenden Streckmitteln.
Die Förderung von tabak- und verbrennungsfreien Konsumformen mindert die Schäden der Atemwege durch Cannabiskonsum.
Durch eine Schwächung des Schwarzmarktes wird der Gewinn der organisierten Kriminalität geschmälert und das unkontrollierte Angebot insbesondere an Jugendliche geschmälert.
Die Präventions-, Informations-, Hilfe- und Schadensminderungangebote in einem CSC können die Gesundheit fördern und besser vor Missbrauch sowie Abhängigkeit schützen, da sie die Konsumenten und Konsumentinnen direkt erreichen.
Die Polizei wird von der Verfolgung der Konsumenten und Konsumentinnen entlastet und kann sich verstärkt um andere Kriminalität kümmern.
Menschen, die Cannabis aus gesundheitlichen Gründen nutzen wird über eine CSC ihre Medizin kostengünstig zugänglich gemacht

Der §3 (2) BtMG erlaubt explizit Ausnahmegenehmigungen „zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken“.

Laut dem jährlichen Bericht der Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) zur Drogensituation in Deutschland 2012 haben circa 3 Millionen Menschen im letzten Jahr Cannabis konsumiert. Jemals Cannabis konsumiert haben ca. 15 Millionen Menschen, im letzten Monat waren es 1,5 Millionen. Bezogen auf die Einwohnerzahl von Nürnberg wären dies 18000 bzw. 9000 Gebraucher von Cannabis im letzten Jahr bzw. im letzten Monat. Laut der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin könnten zudem 0,1 – 1% der Bevölkerung von Cannabis als Medizin profitieren, dies wären bis zu weitere 5000 Personen.

Das Modell des CSC wird in Belgien und Spanien bereits seit mehreren Jahren erfolgreich betrieben. Die Ausgaben des Staates zur Verfolgung von Cannabisgebrauchern kosten die 490.000 Bürger unserer Gemeinde 6 Millionen Euro jährlich, während statistisch nur 180.000 Euro in die Suchtprävention für alle legalen und illegalen Drogen fließen. Die Mehrheit der Menschen in Bayern spricht sich laut einer EMNID Umfrage gegen die heutige Kriminalisierung und für eine Liberalisierung in der Cannabispolitik aus.