Miel de Palma – meine kleine Honiggeschichte

Lang ist es her, da verliebte ich mich in Gomera. Ein wirklich exklusives Produkt dieser Insel ist der sogenannte Palmenhonig.(Miel de Palma)

Im Jahr 2007 nutze ich einen Urlaub auf der Insel um ein neues Bizz zu erproben und kaufte eine halbe Palette von dem Spezialsaft, denn in deutschen Delikatessengeschäften gab es diesen nicht. Die Palette landete am Flughafen Berlin und wurde prompt vom Zoll aufgehalten, denn Honig ist eine streng reglementierte Ware und in mehreren Handelsabkommen geregelt wie ich erfuhr.

Mein Einwand daß das nur Honig heißt aber keiner ist wurde zu Kenntnis genommen und ich wurde gebeten dieses durch eine Produzentenerklärung sowie phytosanitäres Gutachten nachzuweisen. Besonderen Anstoß nahmen die ZöllnerInnen an der Tatsache, dass ich im Einfuhrformular als Einfuhrort eine 10 eintrug, die aber für Bayern steht. Denn Berlin ist nun mal 01 in diesem Formular und Ordnung muss sein! Wohl auch deshalb hatte ich es besonders dreckig verdient, durch weitere Formulare bestraft zu werden. 

Die Produzenten, die ich natürlich sofort kontaktierte, haben mich ausgelacht – jeder Mann und Frau weis doch, dass Palmenhonig nichts mit Bienen zu tun hat und dachten, ich will sie auf den Arm nehmen. Weil ich aber jeden Tag anrief, bemühten sie sich also um entsprechende Papiere, was auch nach ein bisschen mehr als vier Wochen komplett war. Während dieser Zeit stand die Palette natürlich im Zolllager und wurde täglich mit einer Standgebühr von knapp 30 Euro belegt. Zusammengerechnet und auf den Einkaufspreis aufgeschlagen bedeutete das ein technisches preisliches Aus für meine Bizzpläne – sogar dem KDW (ja genau oder kennst Du einen anderen KDW?) war der Palmenhonig zu teuer!

Seitdem hatte ich eine halbe Palette Palmenhonig, den ich an Geschäfts- und Privatfreunde verschenkte und selbst konsumierte. Heute Abend werde ich den Rest der letzten Flasche über mein Eis gießen und genießen. Und das, nachdem die Mindesthaltbarkeit Ende 2008 war! Also 15 Jahre später. Er schmeckt jetzt rauchiger – ein bisschen karamelig ist aber immer noch ein Traum an Geschmack. Besonders lecker auf Vanilleeis!

Fazit:

Erstens – gute Produkte halten länger. Probiert bevor ihr wegwerft. Bitte.

Zweitens – deutsche Bürokratie zerstört das Unternehmertum. Besonders Berliner Ämter sind skeptisch wenn jemand versucht ehrlich und gesunde Geschäfte aufzubauen.

Drittens – ich muss bald wieder nach Gomera, um Nachschub zu holen. Guten Euch allen und gebt drauf acht, was ihr esst.

Meine Nachtbüros – heute das Schwarze Cafe

Jetzt haben mich gleich zwei Amigos gefragt wo denn mein Nachtbüro in Berlin sei. Gnihihi. Ich betreibe mehrere. Grundvorraussetzung ist: Es gibt Kaffee der Sonderklasse – es hat Stil/Kultur und so lange offen bis es draußen wieder hell ist. Heute Nacht wählte ich das Schwarze Cafe in der Kantstraße ungefähr auf der Hälfte des Weges vom Zoologischem Garten (ja genau der mit den Kindern, die mittlerweile ganz schön alt sind) und dem Savignyplatz – einem Zentrum der gehobenen Extravaganz. Das erste Mal besuchte ich das Schwarze Cafe im Juni 1995 anlässlich der Verhüllung des Reichstages durch Christo. Ich hielt damals Nürnberg für eine Großstadt. Nach dem Besuch nicht mehr. Denn nicht nur das Konzept eines durchgehend geöffneten Cafes sondern auch die damals in Deutschland neue Kombination aus Tomaten, Mozarella und Balsamikoessig erleuchtete mich ob meines Irrtums. Entschuldigt, denn ich war jung und hatte keinen Schimmer von der Welt. Seitdem verbrachte ich hier immer wieder genüsslicharbeitsame Stunden alleine, mit Freunden oder Klienten. Als ich in der Nähe gar als gemeldeter Berliner beinahe zwei Jahre wohne habe ich es glaube ich ein bisschen mit dem Schwarzen Cafe übertrieben. Vielleicht kennt ihr solche Situationen. Orte die einem zu vertraut werden – so sehr daß man sich nach Neuem sehnt. Umso lieber komme ich heute immer wieder von Zeit zu Zeit her und geniesse die Stimmung. Ich blicke zum Nebentisch und erblicke Nadja, Ursu, Eva und mich – frisch, jung, auf der Suche nach Leben und in seltsamen Gewändern gekleidet. So würden wir aussehen wenn heute 1995 wäre. Schön wars und deshalb gehört mir die Nacht. Besonders Prädikat dieses Nachtbüros: ich liebe das Pissoir, niemals verfehlst Du dein Ziel.

BIOFACH 23 – Eine Branche am Scheideweg

Als Öko der ersten Stunde ist es für mich Pflicht und Vergnügen gleichzeitig die Biofach – die weltweit größte Messe für Bioprodukte – zu besuchen. Und klar, wir haben ebenfalls einen Biokosmetikshop (hanfzart.de), der immer wieder neue Produkte braucht. In diesem Sinne eine Triple-Win-Situation. Nun aber eines nach dem anderen. 

Die große Popularität der Messe ist nicht nur positiv. Da es sich um eine erfolgreiche Fachmesse handelt, müssen sich die Veranstalter von Jahr zu Jahr sich immer mehr Endkunden (ja genau die OttonormalverbraucherInnen) erwehren. Alle wollen rein – da gilt es, eine immer höhere Mauer aufzubauen. Das ist für Menschen wie mich, die da eigentlich schon Stamminventar sind und die Branche irgendwie mitgebaut haben, unangenehm. Dieses Mal musste tatsächlich einer unserer Partner zum Eingang kommen und mich persönlich an der Kasse akkreditieren, obwohl ich Tage vorher meine digitale Einladung eingelöst hatte – samt Datenabgabe und Hochladen des Handelsregisterauszuges. Da fühle ich mich dann so exklusiv, dass ich beinahe keinen Bock mehr habe. 

Und da sind wir schon im faktischen Paradoxon. Während vor 20 Jahren einfach nur überzeugte Ökos dorthin sind und es an Endverbrauchern gemangelt hat, ist es heute beinahe umgekehrt. Heute dominieren Männer in blauen Anzügen und Damen in adretten Kostümen das Bild. Von BiopionierInnen in Latzhosen und Kartoffelsack-Look sind nur noch rudimentäre Spuren übrig. Heute ist jeder Lebensmittelkonzern auf den rentablen Zug aufgesprungen – kaum eine Handelsmarke die was auf sich hält und nicht vertreten wäre. International agierende Firmen, die hunderte Quadratmeter besetzen, haben den Biobauern aus dem Knoblauchsland entweder verdrängt oder längst geschluckt. 

Das ist übrigens nicht immer nur negativ, aber man merkt unter dem Strich, Bio ist Bizz. Gleichzeitig gut – gleichzeitig schlecht, denn von dem was ich sehe schmeckt das meiste gut; vieles würde aber einen echten Biocheck nicht überstehen. Vor allem Vegane Chemiekastenmischungen haben zumindest den Anschein eine Menge Energie und Ressourcen zu brauchen, damit sie nach irgendwas schmecken. Da ist wohl eher das Gewissen dann Bio als die Energiebilanz.  Andere Produkte waren schon immer Bio; keiner hat’s gewusst oder wissen wollen; jetzt wo sie auf der Biofach ausgestellt werden, bekommen sie das begehrte Sternchen. 

Mein Lieblingsbeispiel: Fleisch aus dem Wald, sozusagen per Jagdgewehr frisch geerntet. Für die Ökos der ersten Stunde war Bambi ein Zeichen für Frieden mit der Natur – nicht für politisch korrekte Essensaufnahme. In dem Sinne eine Korrektur der Logik, die schon immer so war, aber zwischenzeitlich der naiven Weltverbesserungsgefühllage weichen musste. Umso mehr darf man glücklich sein über die vielen Normalos; also diejenigen Betriebe die über Jahrzehnte mithilfe von subventioniertem Dünger produziert haben und letztendlich festgestellt haben, dass es auch ohne Chemie möglich ist Gemüse, Früchte und Fleisch zu produzieren. Die Anzahl dieser ist sprunghaft angestiegen und dies weltweit. Das merkt man auf der Biofach. Denn die einfachen Lösungen sind meistens die guten und das BIO ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. 

Die Produktpalette umfassend – kein Wunsch, der nicht auch bio befriedigt werden kann. Ein großes Problem bleibt. Deutschland ist für die Branche ein Leitmarkt – deshalb ist die größte Messe auch hier zuhause. Nur prinzipiell geben die Deutschen VerbraucherInnen unterdurchschnittlich wenig Anteile ihres Einkommens für Nahrung aus und erwarten Superdiscount, denn nirgends auf der Welt ist Discount so normal wie in Deutschland. Das macht die Branche für jede konjunkturelle Delle hoch anfällig. 

Im letzten Jahr bedeutete das einen Umsatzeinbruch um 3%! Wem betriebswirtschaftliche Kennzahlen geläufig sind weis: das ist echt VIEL! Da bringt es wenig das die Inflation die Branche unterdurchschnittlich getroffen hat. Weniger Umsatz trotz hoher Inflation bedeutet das Schrumpfen von Gewinnmargen auf manchmal unter Null. Das ist ein echtes Problem, denn niemandem kann zugemutet werden, gutes Essen auf eigene Kosten zu produzieren. 

Aus meiner Sicht müssen drei Parameter ineinander greifen. Erstens: der Durchschnittskunde muss bereit sein, einen höheren Anteil seines Einkommens für gutes Essen auf den Tisch zu legen. Zweitens: die Biowirtschaft muss ihren Output steigern um die Gemeinkosten zu senken damit letztendlich der Endkundenpreis nach unten geht, denn das aktuelle Preisniveau bei vielen Bioprodukten ist für einen großen Teil der Bevölkerung einfach unerschwinglich. Der Biomarkt darf kein Luxusmarkt für Besserverdienende bleiben. Drittens: und das kommt beiden ersten Punkten zugute: regionale Wirtschaftskreisläufe senken die Transportkosten und machen die Produktionskette transparent. Wer regional denkt, ist daher der bessere Öko und hilft der Umwelt wirklich. Es liegt an Verbrauchern, der Branche und der Politik zusammen Bio zur Normalität zu machen, denn eines ist auch klar: wenn der Großteil des Produktsortimentes im Einzelhandel auf natürliche Weise produziert wird, dann haben wir einen Paradigmenwechsel erreicht und brauchen nur noch ein Produktlabel für die Restprodukte die dann eben “UnBio” sind.

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