Wo es um die Wurst geht?
In Zeiten der Euro-, Energie-, und Lebensmittelkrisen ist es nicht einfach den Überblick zu behalten. Den Überblick einerseits über die schiere Anzahl der „fields of desaster“ andererseits über die x-fache Komplexität vieler Problemstellungen. Manchmal ist es nützlich den Input unumkehrbar zu stoppen und sich Gedanken zu machen was wirklich wichtig ist für unsere Gesellschaft, Staat und Wirtschaft von Morgen.
Ich komme zu einem einzigen Ergebnis. Und ich komme dorthin, weil der Aspekt bei so vielen Problemstellungen eine Rolle spielt und zwar oft eine Entscheidende.
Egal ob es um mehr Mitbestimmung, Umwelt- und Verbraucherschutz, zukunftsfähige Wirtschaft und einiges mehr geht spielt eine große und manchmal entscheidende Rolle die Frage der Bildung.
Und um es kurz zu machen, ich betrachte die Bildung als nachhaltige Ressource für unseren künftigen Wohlstand. Es ist eine unserer ganz wenigen Ressourcen und ich kann mir kaum Investitionsmodelle vorstellen die eine derart sicherere Rendite Versprechen würden, und dies vollkommen egal ob wir das ökonomisch oder soziologisch betrachten.
Ja wir haben in Deutschland ein Bildungssystem, das den Namen verdient. Eigentlich muss es heißen wir haben in den 16 Bundesländern 16 verschiedene Bildungssysteme. Und eigentlich müsste man ergänzen: Vor langer Zeit hatten wir eines der innovativsten Bildungssysteme überhaupt. Heute sieht es anders aus. Heute hechelt die Bildungsreform der täglichen Realität um Jahrzehnte hinterher.
Pisa kann man versuchen zu deuten wie man will. Ich deute die massenhafte Flucht von Schülern auf privat geführte Schulen auf meine Art und Weise. Wenn Eltern auf Urlaub und Auto verzichten um Ihren Kindern ein manchmal wirklich üppiges Schulgeld zu finanzieren, dann kann sich jeder den Wert des öffentlichen Bildungssystems ausrechnen.
Und ich spreche hier nicht von Einzelfällen sondern von einem Drift innerhalb des Mittelstandes, welcher aktuell stattfindet. Das hat es nun wirklich vor 20 Jahren noch nicht gegeben, wir gingen alle egal ob „reich oder arm“ in eine Schule. Eventuell wird dies nicht mehr gewünscht – ich wünsche es mir durchaus. Ich wünsche mir für jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern die bestmögliche Bildung, die natürlich nicht erst in der Schule beginnt, aber das nur nebenbei.
Eine optimale Bildung ist nicht nur für jeden einzelnen Bürger die beste Grundlage für Demokratische Teilhabe und Wohlstand, sondern auch für unseren Standort Europa der einzige harte Wettbewerbsvorteil. Wie schon oben erwähnt, die Verzinsung eines volkswirtschaftlichen Bildungsfonds schlägt kein anderes Produkt am Markt.
Was aber tun, wenn man nicht nur schöne Worte für das Thema über hat, sondern eben die paar Milliarden über wären, ohne die wir gar nicht an die Sache als solches ran gehen könnten.
Erstens und das ist das wichtigste: es geht nicht nur um Geld allein; Geld alleine wird weder die strukturellen Bildungsprobleme lösen noch unser Bildungssystem per se in unser Jahrtausend teleportieren. Vielmehr braucht es Mut das System das wir alle kennen in Frage zu stellen. Wir alle wissen wie ein Klassenzimmer aussieht und welche Funktionen es erfüllt. Aber wie müsste dieses Klassenzimmer aussehen, wenn wir davon ausgehen, dass alles was wir heute als wichtig erachten dort auf effektivste Art und Weise vermittelt wird?
Würden Sie eine Fortbildung machen bei der sich ein Lehrer um 30 Teilnehmer kümmern soll oder würden Sie vorher feststellen, das dies wohl keinen Sinn machen wird? Würden Sie sich zwingen können Ihren Laptop zu Hause zu lassen, weil er verboten ist? Oder würden sie am Ende nicht gar darauf bestehen das Sie zuhause fortgebildet werden wollen? Warum sollten wir nicht eben diese Maßstäbe an die Bildung unserer Kinder ansetzten; warum nicht höhere? Warum nicht bei jedem Kind die individuelle Leistungskurve und das Talentpotenzial freilegen? Wäre das nicht sowieso die günstigste Variante und eine alternativlose Entscheidung?
Ok, dann lassen Sie uns das tun!
Ich will bewusst die Fragen die ich aufwerfe nicht unbeantwortet lassen. Folgende Ideen in der Bildungspolitik halte ich für absolut erstrebenswert:
- Einführung eines Livelong-learning Konzeptes anstatt akuter Krisenkonzeption (z.B. Arbeitsamt)
- Verankerung und Verwirklichung demokratischer Prinzipien in der Bildungskette
- Modulares lernen mit vielen Abschlussmöglichkeiten anstatt sitzenbleiben
- Abschaffung der 45 Minuten-Schulstunde, weil es einfach keinen Sinn macht.
- Einführung des digitalen Klassenzimmers, damit niemals mehr eine Schulstunde ausfällt
- Finanzielle Gleichstellung öffentlich und privat geführter Schulen
- Abschaffung aller Vorteile für konfessionelle Schulen (religiöse Tendenzbetriebe)
- Ausschreibung aller Schulbücher und Bildungsmaterialien in CC-Linzenverfahren
- Förderung nach dem Prinzip: keiner wird zurückgelassen und gezielte Förderung für die besonders Begabten.
Das Thema Bildung ist mit dieser Liste natürlich nicht abgeschlossen – ich werde mir erlauben die Liste in den nächsten Wochen und Monaten sinnvoll zu ergänzen und auch versuchen jeden Punkt mit eine Ausgestaltung zu hinterlegen. Ich freue mich über Anregungen und Feedback – klar ist das es noch mehr gute Ideen für einen zukunftsfähigen Bildungsplan gibt.