offener Brief an Vorstand Piraten Nürnberg

Hallo Vorstand,

nachdem ich von meiner Person aus der Zeitung lesen musste, sehe ich mich gezwungen hierzu öffentlich Stellung zu beziehen. Ich richte diese Stellungnahme zuerst an Euch, da die Unterstellungen bzw. Aussagen eurem Kreis entstammen.

Zuerst möchte ich nochmals zu Protokoll geben, dass ich mich trotz meiner Enttäuschung über den Verlauf der Aufstellungsversammlung nicht despektierlich über einzelne Piraten sowie über die Partei als solches geäußert habe. Dies geschah vor allem in Hinblick meiner Verwurzelung mit der Piratenpartei und mit dem Ziel Schaden durch sinnlose öffentlich geführte Diskussionen fernzuhalten.

Genau dieses ist aber nun im umgekehrten Falle passiert, indem über meine Person öffentlich hergezogen wird. Inwiefern das ein taktischer Zug ist, um den Kommunalwahlkampf einen besonderen Auftakt zu geben vermag ich nicht zu entscheiden. Bei einem bin ich mir aber sicher: Alle bisher öffentlich geführten Personaldebatten bei den Piraten haben der Partei als solches Schaden eingebracht. Diese Personaldebatte wird auf meinem Rücken ausgetragen. Das empfinde ich als massiven Eingriff in meine Privatsphäre.

Nachdem ich gestern von dutzenden Piraten kontaktiert wurde, die mir ihre Solidarität versicherten, die aber auch den Wunsch hatten diesen Konflikt möglichst “flauschig” zu beenden möchte ich an dieser Stelle nochmals betonen, dass ich öffentlich angegriffen wurde und nun mein Recht wahrnehme, meinen Namen vom politischen Schaden der Unglaubwürdigkeit rein zu halten. Wir leben in einer Mediendemokratie und wir wissen, dass beinaher jeglicher Schwachsinn der unwidersprochen gedruckt wird dazu führt, dass dieser am Ende von den Wähler als Tatsache wahrgenommen wird.

Dass die folgenden Äußerungen und Behauptungen stattfanden wird nicht bestritten (siehe Mailingliste). Einzig und allein die Zuspitzung durch die Presse wird als Argument eingebracht um Schuld von sich zu schieben. Dieses Argument möchte ich aus zweierlei Gründen nicht gelten lassen.

Erstens attestiere ich dem Journalisten, dem hier die Zuspitzung unterstellt wird ein durchaus ausgewogenes und keinesfalls negatives Verhältnis zu den Piraten. Ich distanziere mich daher von der auf öffentlichen Kanälen der Piratenpartei Nürnberg pauschalierten und in diesem Fall individualisierten Presseschelte, die ich persönlich nicht mittragen kann. Offensichtlich versuchen hier die Urheber des persönlichen Angriffs die Schuld von sich zu schieben und den “schwarzen Peter” an die Presse weiterzureichen. Entweder weil sie sich ihres Fehlers bewusst geworden sind oder weil es so schön bequem ist. Fakt ist, wie oben schon erwähnt, dass die Zitate so gefallen sind, ohne Wenn und Aber.

Zweitens hat keinerlei direkter Versuch seitens der Zitatgeber stattgefunden eine eventuelle Überspitzung zu kommentieren oder den mir und uns entstandenen Schaden zu kompensieren bzw. zu begrenzen. Eine in einem solchen Katastrophenfall direkte Kontaktaufnahme durch den Zitatgeber mit dem Betroffenen hat nicht stattgefunden. Es wird also über mich statt mit mir gesprochen. Es wird nicht mal versucht die dreistesten Unterstellungen zu heilen.

Zum Inhalt des Vorgebrachten:

Ich verwahre mich gegen folgende Zitate und Aussagen und fordere eine öffentliche Richtigstellung:

1) Es wurde vom Vorsitzenden des Kreisverbandes konstruiert, dass ich in den letzten Wochen nicht aktiv war und deshalb nicht gewählt wurde. Diese Aussage ist erstens sachlich falsch und zweitens politisch verheerend.

Die Aussage ist sachlich falsch, dass lässt sich durch folgende Aktivitäten-Liste (nach den Wahlen) die dem Vorstand bzw. dem Vorsitzenden bekannt waren leicht nachvollziehen:

– Persönliche Unterstützung des Tschechischen Piratenwahlkampfs als Danke für die erhaltene Hilfe im Landtagswahlkampf .

– Initiative und Teilnahme zur Mahnwache für die Verstorbenen Flüchtlinge vor Lampedusa, in der Straße der Menschenrechte.

– persönliche Nacharbeit der aus dem Wahlkampf übriggebliebenen Anfragen darunter mehrere Universitätsstudien sowie Individualanfragen im Umfang von mehreren Dutzend Arbeitsstunden.

– Teilnahme an mehreren Stammtischen

– aktive Teilnahme an der Wahlnachlese der Kreisverbandes Nürnberg

– aktive Teilnahme an der offiziellen Vorbereitungssitzung zur Aufstellung der Stadtratsliste

– aktives Fundraising für den Kreisverband Nürnberg und vertrösten der Spender, die auf ihre Spendenbescheinigungen bisher vergeblich warten.

– aktive Mitarbeit im Fall “Pfarrer Dietrich”

– aktive Anfrage zur Kandidatur an externe Kandidaten im Auftrag des Vorstandes.

– darüber hinaus hielt ich mich für Fragen des neuen Vorstands bereit um seine Arbeit mit Erfahrung zu unterstützen.

An dieser Stelle nicht ganz unerwähnt lasse ich diejenigen Aktivitäten, von denen der Kreisverband nur sekundär Kenntnis haben kann wie z.B. mein Engagement für ein würdiges Europaprogram der Piratenpartei oder Wahlkampfanalyseaktivitäten außerhalb des Kreisverbandes.

Fakt ist: ich war aktiv und das ist dem Vorstand und insbesondere dem Vorsitzenden bekannt. Insofern gehe ich von einer absichtlichen und öffentlichen Lüge aus, um meine Person und Namen in Diskredit zu bringen. Daher frage ich den Vorsitzenden, den Vorstand sowie den gesamten Kreisverband:

Gibt es eine Regelung oder Richtlinie bei den Piraten die als Maßstab für Aktivität oder Passivität eines einzelnen Mitglieds regelt? Ein solcher Maßstab wäre politisch verheerend, weil dieser ein unmenschliches und unsoziales Menschenbild in den Vordergrund schiebt. Welche Motivation hat ein Mensch sich in dieser Partei; bei diesem Kreisverband zu engagieren, wenn er davon ausgehen kann, nach beinahe vierjähriger Hyperaktivität, dem Aufbau von Infrastruktur und Einfahren von eindeutigen Wahlerfolgen auf ein paar Wochen “Pause” reduziert und abgeurteilt zu werden. Ich habe weiter oben dargelegt, dass ich keine Pause eingelegt habe und die Aussage hierzu eine Lüge ist. Dennoch und das ist ein ebenso wichtiger Aspekt des Zitates – anscheinend ist eine “Pause” egal aus welchen Gründen verboten und unerwünscht, zumindest wenn man in den offiziellen Kreis der “Aktiven” gehören will. Diese Denkweise widerspricht meinem Grundverständnis von der Piratenpartei der ich 2009 beigetreten bin. Sofern ich richtig informiert bin war die offizielle Version der Einbindung von ehrenamtlicher Arbeit ein niedrigschwelliger Einstieg ohne Verpflichtungen und unter Wahrung der Freiwilligkeit. Die publizierte Darstellung des Vorsitzenden in diesem Punkt setzt aber einerseits das System der Aktivitätsregelung wie oben beschrieben voraus; andererseits offenbart es ein menschenverachtendes Verständnis von ehrenamtlicher Arbeit selbst.

2)  Es wird vom Vorsitzenden behauptet, dass meine Tätigkeit für das Hanfjournal einer der ausschlaggebenden Gründe für meine Nichtwahl war.

Der Vorsitzende äußert damit ein Vorurteil, das mich stark irritiert. Immerhin hat er und hat die Piratenpartei mich doch genau mit dem Wissen um meinen Beruf auch zum Spitzenkandidaten bei den Landtagswahlen und Direktkandidaten für die Bundestagswahlen gewählt und sich über mein überdurchschnittliches Abschneiden bei den Wahlen gefreut. Ich möchte betonen, dass genau dieser Aspekt eine zweite Dimension des Vorwurfs der Untätigkeit beinhaltet. Hätte dieser Vorwurf nur eine Dimension, so hätte ja der Vorsitzende einfach sagen können: “Herr Kotzian war mit seiner Firma beschäftigt” – Die Nennung einer konkreten Firma bedeutet natürlich in diesem Kontext die Aussage, dass der Grund für die nicht Wahl in der Mitarbeit bei einer bestimmten, in diesem Fall einer “Hanffirma” liegt. Im Übrigen ist das nicht bestreitbar, da ja auch ein inhaltlicher Fortsatz der Diffamierung des Themas Hanf folgt. Daher frage ich an dieser Stelle ob es Regelungen bei der Piratenpartei gibt welche Firmen bzw. Firmengruppen als politisch korrekt einzustufen sind damit ich mich bei meiner zukünftigen Berufswahl besser orientieren kann? Oder handelt es sich hierbei einfach um eine persönlich Formulierte Diskreditierung der Arbeit bei einer Zeitung als solches?

Da der Vorsitzende gleichzeitig Spitzen- und OB-Kandidat in einem vereinigt wird natürlich seine Darstellung nach Außen als für den gesamten Kreisverband gültig empfunden. Solange dieses also öffentlich seitens der Kreisverbandes bleibt muss ich davon ausgehen, dass diese Meinung also auch vom Kreisverband und vom Vorstand getragen wird. Einzelne Bezeugungen individueller Mitglieder auf persönlicher Ebene und im Vertrauen lindern leider den Gesamtzustand nicht, da sie am Außenbild nichts ändern.

3) Es wird vom Vorsitzenden behauptet ich hätte das Thema Hanf zu sehr in den Vordergrund gestellt.

Vielmehr ist richtig, dass ich das Thema Hanf im Bundes und Landtagswahl intensiv bearbeitet habe und bei der Vorstellung für den Stadtrat auf diesen Aspekt nur in einem Punkt eingegangen bin. Wie jeder auf den Aufnahmen der Aufstellungsversammlung nachschauen kann war das der Punkt der bereits während des Wahlkampfs gestellten Bürgerpetition für einen Cannabis Sozial Club in Nürnberg und zwar aus der Perspektive der demokratischen Beteiligung. Wie ersichtlich ist habe ich in dem Zusammenhang kritisiert, dass der Bürgermeister einfach so im Namen des Stadtrates eine Verwaltungsantwort schickt, ohne das die Stadträte jemals ein Auge drauf geworfen hätten. Das ist nicht nur das Thema Hanf, das hier angesprochen wird, sondern wenn man es genau betrachtet, unser anderes Kernthema Mitbestimmung und Transparenz anhand des Beispiels einer Petition zum Thema Hanf.

Ich stehe zum Thema Hanf und weiß um viele die uns genau deswegen Ihre Stimme gegeben haben. In ganz Mittelfranken hat uns das die entscheidenden Mehrstimmen gegenüber München und Oberbayern gebracht. Nun sehe ich, und dies habe ich auch auf der Ausstellungsversammlung auch bestätigt, das Thema Hanf nicht als zentrales Kommunales Thema an. Jedoch habe ich an unser Grundsatzprogram erinnert, in dem im Übrigen das Thema mehrfach festgezurrt wurde und dies mit den höchsten Zustimmungsquoten von jeweils beinahe 90%. Daher halte ich eine explizite Distanzierung von diesem Thema bei den Kommunalwahlen, wie sie der Vorsitzende anscheinend gerne sehen würde für kontraproduktiv. Dieses Projekt eignet sich genau wegen seines Alleinstellungscharakters sowie der oben genannten Fragen der Teilhabe und Transparenz für einen kommunalen Wahlkampf. Ich sehe, dass man sich hier durch selbstgemachte Tabus und Vorstellungen ein weiteres Mal blockiert.

Ich möchte nochmals betonen, dass mir diese Fragen nachweislich vom Vorsitzenden gestellt und Thematisiert wurden, um am nächsten Tag anscheinend eine gute Begründung für mein schlechtes Abschneiden parat zu haben. Ich unterstelle, dass die Fragen absichtlich gestellt wurden und als Instrument gegen meine Person gedacht waren. Leider treffen sie auch ein Teil unserer Stammwähler im Mark. Daher fordere ich den Kreisverband/Vorstand auf durch glaubwürdige und geeignete Maßnahmen zu dokumentieren, welchen Stellenwert die Thematik bei den Piraten noch hat. Wenn ich das richtig einschätze und die Kommentare bei Facebook und persönliche Emails als Maßstab nehme gibt es nicht wirklich viel um diese Wähler noch zu überzeugen. Zu oft wurden Sie durch Sonntagsreden betrogen – zu hoch ist der Verfolgungsdruck und die Ungerechtigkeit um sich hier mit Kompromissen oder Verschiebungen vertrösten zu lassen.

Zusammenfassend fühle ich mich durch die Art und Weise der Darstellung durch den Vorsitzenden als Hanfaktivist diskriminiert. Weil ich weiß, wie schwierig es für einen außenstehenden Nichtverfolgten ist; ich es Euch dennoch eindringlich schildern möchte wie ernst das Unrecht gegen uns ist bitte ich Euch um ein einfaches Gedankenexperiment: Denkt doch einfach an die neuere Zeitgeschichte mit der Verfolgung Homosexueller. Genauso fühle ich mich: Diskriminiert.

 

4) Der Vorsitzende propagiert “normale Menschen”

Durch seine Wertende Äußerung “Wir setzen auf normale Menschen” setzt der Vorsitzende seiner Frechheit absolut die Krone auf.

Erstens und da spreche ich nicht nur in meinem Namen sondern auch im Namen zahlloser Aktiver bevor der aktuelle Vorsitzende “Normalität” zur Norm erklärt hat: Sind wir vorher abnormal gewesen? Anscheinend ja, sonst müsste man ja die jetzige Normalität nicht mehrfach betonen. Weil anscheinend vorher abnormale Piraten das Ruder in der Hand hielten. Folgendes: Diese Abnormalen haben dafür gesorgt, dass Du heute da sitzt wo du sitzt. Du bist also das Produkt dieser Abnormalen. Sozusagen die abnormative Fortsetzung.

Zweitens, lasst uns doch mal die sogenannte soziografische Normalität auf die so normale aufgestellte Liste anwenden. Wenn ich die ersten 10 Plätze, die irgendwie Hoffnung haben könnten unter die Lupe nehme fällt mir folgendes auf: Die Piratenpartei hat eine rein deutsch-ethnische, vorwiegend maskuline, Heten-Truppe aufgestellt. Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich als Marketingfuzzi meinen die Zielgruppe um die es sich handelt ist ein Herrengesangschor aus dem Schwarzwald

Ich habe im Wahlkampf gesungen: “Schluss mit Politiksprech” – Was gesagt werden muss, muss gesagt werden und ich bin überzeugt, dass es der Piratenpartei auf ihrem Weg helfen wird.

Deshalb möchte ich auch klar mitteilen, dass ich ab sofort für Aufgaben, Fragen und sonstige Zeitanfrage für den Kreisverband nicht zur Verfügung stehe und bitte eventuelle Projekte sofort an andere Piraten zu delegieren. Wie ich schon vorher kommuniziert habe empfinde ich die Aufstellung von Hans Parzelt als Zumutung und Ausdruck politischer Naivität. Um meinen Ruf als ehrlichen Menschen zu verspielen kann ich daher natürlich auch die Liste nicht unterstützen.

Ich bitte diesen Entschluss zu respektieren und nicht zu versuchen, mich zu Kompromissen überzeugen zu wollen. Über einen endgültigen Austritt aus den Piraten werde ich in den nächsten Wochen und Monaten entscheiden. Da ich vier Jahre meiner persönlichen Lebenszeit in die Piraten investiert habe fällt mir eine solche Entscheidung nicht leicht. Danke an Alle die mir in den letzten Tagen Mut und Unterstützung zugesprochen haben.

Nach dem Misstrauensvotum der Basis sehe ich aber wenig Spielraum für Alternativen. Insbesondere dann wenn die Normalität in diesem Kreisverband weiterhin Norm ist.

Da ich mich nicht genauso schäbig wie der Vorsitzende verhalten möchte und will, dass ihr diesen öffentlichen Brief nicht aus dem Netz zieht sondern überhaupt eine Chance habt vorher zu reagieren übersende ich Euch dieses Schreiben persönlich mit einem Vorsprung von zwei Stunden. Ich finde das ist sehr fair angesichts dessen, was ich am Montag über mich in der Zeitung lesen musste.

Schöne Grüße an diejenigen die sie auch richtig verstehen und ich wünsche Euch von der fernen Insel frohes Unterschriftensammeln. Ich seh euch ja zu Weihnachten in der Innenstadt.

Emmi, Direktpirat

Pressekonferenz “Gebt das Hanf frei!”

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Pressemitteilung der Piratenpartei Deutschland
Zur sofortigen Veröffentlichung
12. September 2013
PIRATEN fordern »Gras auf Rezept«
Auf einer Pressekonferenz hat die Piratenpartei Deutschland heute ihre Forderungen im Bereich Drogen- und Suchtpolitik vorgestellt.
Für Bruno Kramm, Bundestagskandidat der PIRATEN aus Bayern, steht fest: »Wir müssen aus dem Trauerspiel in Moll der etablierten Drogenpolitik ausbrechen hin zu einem Dur-Akkord: Was wir brauchen, ist eine offene sozial-verträgliche Genusskultur. Wer Drogen nimmt, ist doch kein Verbrecher.« Die Kriminalisierung stärkt, so Kramm, zum einen den Schwarzmarkt, zum anderen kann so kein Verbraucherschutz stattfinden. Kramm ist überzeugt, dass etablierte Parteien an der Kriminalisierung des Konsums von Cannabis festhalten, um ihre konservativen Wählerkreise zu bedienen.
Das Thema Cannabiskonsum sei ein Tabu, meint auch Emanuel Kotzian, Kandidat der PIRATEN für den Bayerischen Landtag. Ein Indiz sei beispielsweise die Angabe des Bundeskriminalamtes, es gäbe zwischen 4 und 8 Millionen Cannabisverbraucher. Eine derartig starke Schwankung und Ungenauigkeit zeuge, so Kotzian, von mehr als Desinteresse. Die Kriminalisierung von Cannabisverbrauchern verzerre auch die Kriminalstatistik. Deshalb fordert Kotzian: »Wir brauchen eine legale Erwerbsstruktur für alle Konsumenten. Das könnten ›Cannabis Socialclubs‹ sein, in denen Konsumenten selbstverwaltet Produktion und Abgabe gewährleisten und kontrollieren, oder auch staatlich regulierte Fachabgabestellen. Außerdem brauchen wir Gras auf Rezept für diejenigen, die Cannabis als Medizin benötigen.«
Markus Barenhoff, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland, drängt darauf, sich in der Drogen- und Suchtpolitik nicht nur mit der Frage der Cannabislegalisierung zu befassen. »Statt weiter Kiffer zu jagen, muss die Politik dieses Kapitel nach 20 Jahren Debatte nun endlich schließen und sich zum Beispiel mit den vielen Benzodiazepin-Abhängigen in Alten- und Pflegeheimen befassen«, so Barenhoff.

Petition zur Einrichtung eines Cannabis Sozial Clubs in Nürnberg

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Wir – David Beck,  Paul (der Vorsitzende der Französischen Jungen Piraten),  Susanne (welche die schönen Fotos macht) und ich – treffen uns relativ exakt um 10:55 Uhr vor dem Nürnberger Rathaus.  Eigentlich wollten wir die Petition zu viert einreichen, aber Patrick Linnert kann kurzfristig nicht teilnehmen weil der Server brennt.

Zum Termin um 11.00 Uhr vor dem Rathaus haben wir ca. 80 Einladungen an die Presse rausgeschickt. Leider sehr kurzfristig, wegen der knappen Kapazitäten. Es kommt bedauerlicher Weise kein Vertreter der Presse, auch wenn ich überzeugt bin, dass doch das eine oder andere Medium das Thema aufgreifen müsste. Egal, denn jetzt suchen wir die offizielle Abgabestelle für die Petition. Zuerst landen wir beim Touristencounter der Stadt – die sind am nächsten vom Hauptmarkt aus gesehen. Die Damen sind sehr freundlich, wissen aber nicht exakt wo denn der Briefkasten des Stadtrats ist – exakt hingegen wissen die Damen wo die zentrale Poststelle ist, die unser nächstes Ziel darstellt. Ein bekennender Clubfan sitzt an der Pforte und fragt an welchen Stadtrat das nun soll. Ähhhmmmm – nun an alle, aber wir haben nur vier Kopien dabei ;) Ich beginne mich an mein kommunales Grundwissen und die Sache mit dem Stadtrat als Institution und Stadtrat als Person zu erinnern. Upsi und jetzt fällt der Groschen – weil die Post an den Stadtrat (als Institution) nimmt als Sprachrohr und Vertreter der Oberbürgermeister in Nürnberg entgegen. Das meint auch der Clubberer und verweist und auf Zimmer 18, wo die Assistenz unseres Oberbürgermeister Dr. Maly sitzt. Das Zimmer kenne ich aber es liegt am anderen Ende des Rathauses und dieses ist aus mittelalterlichen Gründen sehr groß. Wir nutzen den Spaziergang durch die noch ferienbedingt leeren Flure zur historischen Führung für unseren französischen Gast und gelangen 15 Minuten später bei Zimmer 18 an. Dort sind wir prinzipiell richtig, aber nicht ganz, weil den Posteingang macht Zimmer 14. Ein glücklicher Umstand macht es möglich von Zimmer 18 zu Zimmer 14 zu gelangen ohne den Flur wieder betreten zu müssen, den 14-18 ist die Gesamträumlichkeit vom Chef. Eine freundliche Dame erklärt unsere Reise für beendet. Wir sind am Ziel! Einfach so können wir das Schriftstück auf den Schreibtisch legen und es ist angekommen! Für ein internes Foto um die Übergabe zu dokumentieren bittet die Dame allerdings Ihren Kollegen das zu übernehmen. Dieser willigt ein, auch nachdem er weiß, dass es um einen Cannabis Sozial Club geht – wir schütteln uns die Hände in die Kamera schauend und den Brief übergebend und es ist vollbracht. Eine Antwort wird uns versprochen, das ist natürlich klar – die Frage welche können uns natürlich die Mitarbeiter nicht beantworten. Wir verlassen Zimmer 14 und ich sehe im Blickwinkel wie die Post geöffnet wird und die Arbeit beginnt die Petition allen 70 Stadträten und dem Oberbürgermeister weiterzuleiten. Einige werden garantiert sehr überrascht sein. Sicher bin ich, dass wir mit diesem einen Schriftstück einen interessanten Prozess in Nürnberg eingeleitet haben. Danke an den DHV für die gute Aktionsidee und die Koordination der Bemühungen.

kurzer Nachtrag: schon hat die erste große Nürnberger Zeitung einen echt guten Bericht veröffentlicht – müsste hoffentlich morgen zu lesen sein in der Printausgabe.
Hier schon mal der Link zur Onlineversion: http://www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/piraten-fordern-cannabis-club-in-nurnberg-1.3122926

und hier die Petition:

Petition nach Artikel 56 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern

Sehr geehrte Damen und Herrn,

wir möchten Ihnen als unseren gewählten Volksvertretern folgende Petition unterbreiten:

„Die Stadt Nürnberg möge gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Modellversuch zur Abgabe von Cannabis zur medizinischen Nutzung und als Genussmittel konzipieren und eine entsprechende Ausnahmegenehmigung hierfür nach §3 (2) BtMG beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragen.

Als konkretes Modell schlagen wir einen Cannabis Social Club (CSC) vor. Dieser soll an einem gesicherten Ort nach folgenden Regeln betrieben werden:

Mitglied werden kann jeder Einwohner ab 18 Jahren.
Anbau, Ernte und Weiterverarbeitung des Cannabis erfolgt durch die Mitglieder.
Die Abgabe des Cannabis erfolgt ausschließlich an Mitglieder gegen einen Unkostenbeitrag.
Jedes Mitglied erhält höchstens ein Gramm pro Tag.
Mitgliedern ist der Besitz von bis zu 6 Gramm außerhalb der Räumlichkeiten des CSC gestattet.
Ein Handel mit Cannabis oder eine Abgabe an Dritte, insbesondere Minderjährige, bleibt illegal und führt zum Ausschluss.
Für Menschen, die Cannabis auf ärztliche Empfehlung konsumieren, können die Regeln bedarfsgerecht modifiziert werden.

Die Gemeinde sorgt für einen ordnungsgemäßen Betrieb, kontrolliert die Sicherheit, Qualität, den Wirkstoffgehalt und Verbleib des Cannabis. Zudem sorgt die Gemeinde für bedarfsgerechte Präventions-, Informations-, Hilfs- und Schadensminderungsangebote, u.a. durch die Förderung von Konsumformen ohne Verbrennung wie Vaporizer.

Das Modell ist so zu konzipieren, dass Menschen durch ihre Beteiligung keine Nachteile, insbesondere kein Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung, entstehen.

Das Projekt könnte wissenschaftlich begleitet werden.

Als Alternative zum CSC-Modell wäre auch ein Anbau und Abgabe durch die Gemeinde selbst oder über Apotheken denkbar.

mit freundlichen Grüßen,
Emanuel Kotzian, Patrick Linnert, David Beck

 

Begründung:

Cannabis birgt für die Konsumierenden sowie für die Gesellschaft Risiken. Die Gesellschaft wird indirekt durch den Schwarzmarkt, der von Mafia und Hells Angels dominiert wird bedroht sowie durch die Kosten für die Strafverfolgung belastet. Neben den gesundheitlichen Risiken des Konsums ist die Strafverfolgung für Konsumierende die schlimmste Nebenwirkung.

Zweck und Ziel des geltenden Betäubungsmittelgesetzes ist (laut Regierungsvorlage des Betäubungsmittelgesetzes 1981, BTDrucks. 8/3551, S. 23 f.) der Schutz der menschlichen Gesundheit sowie eine Regelung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln, um deren Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen und den Missbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit zu verhindern.

Das Modell des Cannabis Social Clubs liegt im öffentlichen Interesse und verfolgt Zweck und Ziel des BtMG, weil es im Vergleich zum bereits existierenden Schwarzmarkt für Cannabis folgende Vorteile bietet:

Das Cannabis kann auf Qualität und THC-Gehalt geprüft werden und ist frei von gesundheitsgefährdenden Streckmitteln.
Die Förderung von tabak- und verbrennungsfreien Konsumformen mindert die Schäden der Atemwege durch Cannabiskonsum.
Durch eine Schwächung des Schwarzmarktes wird der Gewinn der organisierten Kriminalität geschmälert und das unkontrollierte Angebot insbesondere an Jugendliche geschmälert.
Die Präventions-, Informations-, Hilfe- und Schadensminderungangebote in einem CSC können die Gesundheit fördern und besser vor Missbrauch sowie Abhängigkeit schützen, da sie die Konsumenten und Konsumentinnen direkt erreichen.
Die Polizei wird von der Verfolgung der Konsumenten und Konsumentinnen entlastet und kann sich verstärkt um andere Kriminalität kümmern.
Menschen, die Cannabis aus gesundheitlichen Gründen nutzen wird über eine CSC ihre Medizin kostengünstig zugänglich gemacht

Der §3 (2) BtMG erlaubt explizit Ausnahmegenehmigungen „zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken“.

Laut dem jährlichen Bericht der Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) zur Drogensituation in Deutschland 2012 haben circa 3 Millionen Menschen im letzten Jahr Cannabis konsumiert. Jemals Cannabis konsumiert haben ca. 15 Millionen Menschen, im letzten Monat waren es 1,5 Millionen. Bezogen auf die Einwohnerzahl von Nürnberg wären dies 18000 bzw. 9000 Gebraucher von Cannabis im letzten Jahr bzw. im letzten Monat. Laut der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin könnten zudem 0,1 – 1% der Bevölkerung von Cannabis als Medizin profitieren, dies wären bis zu weitere 5000 Personen.

Das Modell des CSC wird in Belgien und Spanien bereits seit mehreren Jahren erfolgreich betrieben. Die Ausgaben des Staates zur Verfolgung von Cannabisgebrauchern kosten die 490.000 Bürger unserer Gemeinde 6 Millionen Euro jährlich, während statistisch nur 180.000 Euro in die Suchtprävention für alle legalen und illegalen Drogen fließen. Die Mehrheit der Menschen in Bayern spricht sich laut einer EMNID Umfrage gegen die heutige Kriminalisierung und für eine Liberalisierung in der Cannabispolitik aus.

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